Doch Gefahr für - und von - China geht nicht nur von einer verschlechterten Wirtschaftslage in Europa aus. Viele Risiken sind auch hausgemacht. So deutet vieles darauf hin, dass das von vielen bewunderte und schnell initiierte chinesische Konjunkturpaket während der letzten globalen Wirtschaftskrise in 2008 deutlich überdimensioniert war. Die starke Dynamik der aus dem Konjunkturpaket erwachsenden Nachfrage beruhte auf einem enormen Kreditboom. In den letzten Jahren ging mehr als ein Drittel aller Bankkredite in die Infrastruktur, die überwiegend durch Staatsunternehmen errichtet wurde. Marktbeobachtern zufolge wurde dabei nicht immer sorgfältig geprüft, ob Projekte überhaupt Sinn ergeben, was auch eine unüberschaubare Zahl an "faulen Krediten" nach sich zog. Unterschiedliche Experten berichten von einer massenhaften
Fehlallokation von Kapital, wie etwa dem Bau komplett neuer Stadtteile, in denen keiner wohnt und Brücken, wo es eigentlich gar keine braucht. Die Regierung hat wegen Überinvestition in die Infrastruktur zuletzt mehrere schon im Bau befindliche Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnprojekte aufgegeben und auch in zahlreichen Industrieparks und High-Tech-Zonen sollen die staatlichen Überinvestitionen erkennbar sein. Im letzten Jahr sollen mehr schwere Lkw in China verkauft worden sein als es überhaupt Nutzungsmöglichkeiten gäbe und im Nachgang an den Bauboom tun sich aktuell beispielsweise bei chinesischen Stahlherstellern enormer Überschusskapazitäten auf.
Weitere Probleme ergaben sich durch die rasant gestiegenen Preise für Immobilien, was je nach Optimismusgrad des Beobachters lediglich als vorübergehende Preissprünge bis hin zur gefährlichen Blase interpretiert wird. Die Inflation ist ebenfalls ein großes Thema in China, wobei v. a. ausufernde Lebensmittelpreise für Unmut in der Bevölkerung sorgen. Doch auch langfristig steht das Reich der Mitte vor großen Aufgaben, denn aktuell vereint es das Pro-Kopf-Einkommen eines Entwicklungslandes mit der Demografie eines Industriestaates. Der Ausbau des Sozialsystems für das schnell alternde Milliardenvolk dürfte exorbitante Summen verschlingen. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, wie viel Pekings Reserven tatsächlich Wert sind.
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